Frankfurt/Main (AP) Der Präsident des Bundessozialgerichts, Peter Masuch,
hat eine Diskussion über die finanzielle Versorgung junger Menschen beim
Arbeitslosengeld II gefordert. Es müsse darüber nachgedacht werden, «ob
innerhalb der Grundsicherung für Arbeitsuchende die finanzielle Situation
von Kindern und Jugendlichen hinreichend bedacht worden ist», sagte der
Jurist in einem Interview der Nachrichtenagentur AP. Generell sei die
Belastung der Sozialgerichte zuletzt stetig gewachsen. Weitere Klagewellen
insbesondere von Hartz-IV-Empfängern könne er nicht ausschließen.Bild
vergrößernZwar sei nicht jede Beschwerde eines Hilfeempfängers begründet,
insgesamt gebe es aber «eine recht hohe Erfolgsquote», sagte der
57-Jährige. Beim BSG sind seit August dieses Jahres zwei Senate für
Hartz-IV-Belange zuständig.Mit welcher Zusatzbelastung die Gerichte
angesichts des am 1. Januar 2009 in Kraft tretenden Gesundheitsfonds
zusätzlich noch rechnen müssten, ließ Masuch offen. Er wies aber darauf
hin, dass dem BSG seit kurzem auch die Zuständigkeit beispielsweise für
Streitigkeiten rund um Arzneimittel-Rabattverträge übertragen worden
sei.Rechtsprechung auswerten und verstärkt einbringenDie Politik forderte
der oberste deutsche Sozialrichter auf, bei der Arbeit an Sozialgesetzen
die aktuelle Rechtsprechung verstärkt in den Blick zu nehmen und
entsprechend anzuwenden. Es wäre gut, wenn der Gesetzgeber «unter
Berücksichtigung und Auswertung unserer Rechtsprechung nacharbeiten würde»,
sagte Masuch weiter. Zwar habe die Politik ihr Handwerk in diesem Bereich
nicht verlernt. «Sicher ist es aber so, dass bei der gesetzlichen Umsetzung
der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf Detailregelungen verzichtet
wurde», erläuterte Masuch. Ein Grund sei gewesen, «dass man Erfahrungen mit
der neuen Materie sammeln musste». So hätten «die Gerichte insbesondere das
Bundessozialgericht folglich Pionierarbeit leisten müssen».Dass es wegen
der Reformen am Arbeitsmarkt zu einer Klageflut kam, ist seiner
Einschätzung nach absehbar gewesen. Es entspreche der Erfahrung der
vergangenen Jahrzehnte, «dass Einschnitte im sozialen System regelmäßig zu
Reaktionen bei den Betroffenen geführt haben, die von den Sozialgerichten
aufzufangen waren», betonte der Jurist. Schließlich sei mit der
Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe der Gesetzgeber
grundsätzlich neue Wege gegangen, «die für viele Leistungsempfänger unter
den früheren Arbeitslosenhilfe-Beziehern auch zu Leistungskürzungen geführt
haben».Weitreichende Bedeutung der EntscheidungenMit Blick auf die
weitreichende Bedeutung der Grundsatzurteile des BSG verwies Masuch auf
eine jüngst ergangene Entscheidung zu Arzneimittelzuzahlungen. Danach sind
auch ALG-II-Empfänger nicht von dieser Pflicht befreit. «Dem Urteil kommt
gerade im Blick auf die verfassungsrechtliche Prüfung der Regelleistungen,
wie sie derzeit auch für die Kinder anhängig gemacht worden ist,
weitreichende Bedeutung zu», betonte Masuch.Sicherlich träfen die
Entscheidungen der Richter nicht immer auf breite Zustimmung. So zeige
beispielsweise die Diskussion über das im Dezember verkündete Urteil zur
Arbeitszeit von Ein-Euro-Jobbern neben den gesellschaftlichen Spannungen
auch, «wie verbreitet Missverständnisse gepflegt werden, etwa wenn verirrte
Geister die Wiedereingliederungsangebote öffentlich als
'Zwangsarbeit' verunglimpfen». Das BSG hatte entschieden, dass eine
Arbeitszeit von 30 Stunden pro Woche bei einer solchen Tätigkeit zulässig
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Tuesday, December 30, 2008
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